Stärkung der Arbeit gegen sexualisierte Gewalt

Landessynode fasst eine Reihe von Beschlüssen

Die Landessynode brachte in Loccum eine Reihe von Beschlüssen zur Arbeit gegen sexualisierte Gewalt auf den Weg. Foto: Jens Schulze
Die Landessynode brachte in Loccum eine Reihe von Beschlüssen zur Arbeit gegen sexualisierte Gewalt auf den Weg. Foto: Jens Schulze

Vom 5. bis 8. Juni 2024 kam die Landessynode der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers in der Stiftskirche des Klosters Loccum zu ihrer X. Tagung zusammen. Ein inhaltlicher Schwerpunkt des Kirchenparlaments stand unter der Überschrift „Prävention, Intervention und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Landeskirche“. Rednerin zu Beginn der Diskussion zu diesem Themenfeld war Nancy Janz, die selbst als betroffene Person sexualisierte Gewalt in der Landeskirche Hannovers erfahren hat. Im Anschluss an ihr differenziertes Statement sprachen die Mitglieder der Landessynode in Kleingruppen mit weiteren betroffenen Personen.

In der Plenardebatte brachten die Vorsitzenden der beiden Synodalgruppen, Dr. Bettina Siegmund und Ruben Grüssing, ein gemeinsames Statement ein. Darin heißt es:
„Wir haben sexualisierte Gewalt als Thema in seiner umfassenden Bedeutung nicht erkannt. Unsere Verantwortung ist es, die Auswirkungen von sexualisierter Gewalt für betroffene Personen mitzudenken und in unsere Beratungen und Beschlüsse sowohl in der Prävention als auch in Intervention, Hilfe und Aufarbeitung einzubeziehen. Dieser Verantwortung sind wir in der Vergangenheit nicht gerecht geworden. [...]. Mit diesen Maßnahmen wollen wir sicherstellen, dass das Thema die notwendige Aufmerksamkeit und Unterstützung erhält sowie grundlegend und fortwährend in unserer Kirche verankert wird."

Die folgenden Beschlüsse wurden durch die Landessynode bestätigt oder auf den Weg gebracht.

  • Aufstockung der personellen Kapazitäten der Fachstelle Sexualisierte Gewalt: Bereits im Vorfeld der Tagung der Landessynode hatten der Landessynodalausschuss und das Landeskirchenamt nahezu eine Verdoppelung des Personals in der Fachstelle Sexualisierte Gewalt beschlossen. Ausgeschrieben ist bereits die Leitungsstelle, die künftig eine 100%-Stelle umfassen wird und nicht mehr mit der Tätigkeit der landeskirchlichen Gleichstellungsbeauftragten verbunden ist. Hinzu kommt eine Stelle in der Präventionsarbeit, eine Stelle für Aufarbeitung und eine halbe Stelle für Intervention und die Begleitung betroffener Personen, die ab August ausgeschrieben werden.
  • Stärkung der Unabhängigkeit der Fachstelle: Die Fachstelle wird auch personell von der Rechtsabteilung des Landeskirchenamtes getrennt und direkt dem Präsidenten / der Präsidentin des Landeskirchenamtes zugeordnet. Mit Schwerpunkt auf diesen Themenbereich wird ihm/ihr künftig ein eigener Referent bzw. eine eigene Referentin zuarbeiten. Eine Juristin mit halber Stelle bringt zusätzlich juristische Expertise direkt in die Arbeit mit Betroffenen ein.
  • Förderung von Präventionsarbeit in Kirchenkreisen und Kirchengemeinden: Auf Beschluss der Landessynode sollen den Kirchenkreisen zur Förderung der Präventionsarbeit zusätzlich insgesamt 500.000 € zur Verfügung stehen, u.a. für die Tätigkeit von Multiplikator*innen, die die verpflichtenden Schulungen für Mitarbeitende zum Kampf gegen sexualisierte Gewalt anbieten.
  • Partizipation von betroffenen Personen in der Landessynode: Bis zur nächsten Tagung der Landessynode Ende November 2024 wird ein konkreter Vorschlag erarbeitet, wie betroffene Personen in Zukunft in kirchlichen Beratungsgängen mitarbeiten können.
  • Kontinuierliche Integration des Themas in die Arbeit der Landessynode: Bis zur nächsten Tagung des Kirchenparlaments im November wird ein Vorschlag erarbeitet, wie die Arbeit der Fachstelle Sexualisierte Gewalt bzw. das Thema insgesamt kontinuierlich in der Arbeit der Landessynode und damit auch in den Tagungen vorkommen werden.
  • Vorarbeiten für kirchengesetzliche Änderungen: Wesentliche gesetzliche Änderungen erarbeitet aktuell das Beteiligungsforum von EKD, Diakonie und betroffenen Personen. Ergebnisse sowie ein Maßnahmenkatalog sollen im Laufe des November vorliegen; sie müssen anschließend in landeskirchliche Gesetze übernommen werden. Hier hat die Landessynode den Auftrag erteilt, Vorarbeiten dazu bereits jetzt zu beginnen, um möglichst schnell in eine Umsetzung zu kommen. Das betrifft etwa die geplante Novelle der „Richtlinie zum Schutz vor sexualisierter Gewalt“, die in landeskirchliche Gesetze überführt werden muss.
  • Veränderungen im Bereich theologischer Fragestellungen: Der Ausschuss für Theologie und Kirche der Landessynode, der Landesbischof, der Bischofsrat, das Landeskirchenamt sowie weitere Fachleute werden gemeinsam mit betroffenen Personen erarbeiten, wie das Thema sexualisierte Gewalt bei theologischen Fragestellungen zu Veränderungen führen muss und wie die Diskussionen darüber auch in den Kirchenkreisen und Kirchengemeinden geführt werden können.
  • Nutzung von technischen Möglichkeiten zur Aufarbeitung: Das Landeskirchenamt und die Fachstelle Sexualisierter Gewalt werden auf Beschluss der Landessynode ein Konzept erarbeiten, welche technischen Möglichkeiten im Blick auf Dokumenten- und Datenanalyse genutzt werden können.
  • Arbeitsgruppe gegen sexualisierte Gewalt koordiniert die Maßnahmen: Auf Ebene der Landeskirche arbeitet seit einigen Wochen eine Arbeitsgruppe, um die unterschiedlichen Maßnahmen zu priorisieren und zu koordinieren. In der Gruppe arbeiten das Landeskirchenamt, die Bischofskanzlei, die Fachstelle Sexualisierte Gewalt und eine betroffene Person mit. Künftig wird auch die Landessynode darin vertreten sein.

Weitere Beschlüsse wird die Landessynode während ihrer nächsten Tagungen vom 26. bis 29. November 2024 und vom 14. bis 17. Mai 2025 treffen. Im Zentrum wird dann die Umsetzung der Ergebnisse stehen, die das „Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt“ von EKD, Diakonie und Vetreter*innen betroffener Personen aktuell gemeinsam erarbeitet. Ziel ist es, bei zentralen Fragestellungen ein einheitliches Vorgehen in allen evangelischen Landeskirchen zu gewährleisten.

Bei der Tagung der Synode der EKD vom 10. bis 13. November 2024 wird eine Reihe von Beschlussvorschlägen zur Diskussion und Abstimmung gestellt, die dann von den Landeskirchen umgesetzt werden. Bearbeitet werden aktuell u.a. die Frage nach der Höhe von Anerkennungsleistungen für von sexualisierter Gewalt betroffene Personen und die Frage, wie diese Personen in Disziplinarverfahren gegen Beschuldigte besser unterstützt werden können.

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